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23.09.2025

VwGH: Fiktive Anschaffungskosten auch für einzelne Gebäudeteile möglich©

Info für Immobilien

Mit Erkenntnis vom 27.5.2025 (Ro 2024/15/0018) hat der Verwaltungsgerichtshof klargestellt, dass der Ansatz von fiktiven Anschaffungskosten nach § 16 Abs 1 Z 8 lit c EStG nicht zwingend für das gesamte Gebäude erfolgen muss. Auch einzelne Gebäudeteile können für Zwecke der Abschreibungsberechnung gesondert bewertet werden.

Sachverhalt

Ein Steuerpflichtiger vermietete ein Mehrfamilienhaus (kein Wohnungseigentum begründet) mit sechs Einheiten. Zwei Wohnungen wurden lange Zeit durch ihn selbst und seine Eltern (nicht fremdüblich) genutzt. Nach einer Sanierung 2016 wurde eine dieser Wohnungen erstmals fremdüblich vermietet. Das Finanzamt und das BFG vertraten die Auffassung, dass nur eine einheitliche AfA-Bemessungsgrundlage zulässig und folglich lediglich der Privatanteil zu reduzieren sei.

Entscheidung des VwGH

Der VwGH stellte klar:

  • Wird eine Wohnung bislang als Liebhaberei (= nicht als Einkunftsquelle geeignet) behandelt und später erstmals fremdüblich vermietet, liegt ab diesem Zeitpunkt eine „erstmalige Verwendung zur Erzielung von Einkünften“ vor.
  • Fiktive Anschaffungskosten können daher auch für einzelne Gebäudeteile berechnet werden.
  • Eine Differenzierung nach Nutzung (betrieblich, außerbetrieblich oder privat) ist zulässig – die AfA-Bemessungsgrundlage kann somit für unterschiedliche Teile desselben Gebäudes variieren.
  • Damit können fiktive Anschaffungskosten auch für eine einzelne Wohnung angesetzt werden, obwohl für andere Teile des Gebäudes bereits eine andere Grundlage besteht.

Bedeutung für die Praxis

Die Entscheidung bringt eine wichtige Klarstellung für die Bewertung von Altvermögen:

  • Fiktive Anschaffungskosten können auch für Teilflächen eines Gebäudes angesetzt werden.
  • Besonders relevant ist dies in Fällen von gemischter Nutzung (zB teils Altvermögen, teils Neuvermögen, Dachgeschoßaufstockung – siehe auch unsere Info vom 26.8.2025).
  • Der VwGH deutet selbst an, dass dieser Grundsatz auch in vergleichbaren Konstellationen gilt, etwa wenn ein Altgebäude später erweitert oder Anteile zeitversetzt angeschafft werden.

Tipp:
Prüfen Sie bei Vermietungsbeginn stets, ob für einzelne Gebäudeteile die Möglichkeit des Ansatzes fiktiver Anschaffungskosten besteht. Das kann zu einer deutlich höheren AfA-Basis führen und für die Zeit der Vermietung oder betrieblichen Nutzung steuerlich vorteilhaft sein. Vorsicht allerdings bei der Veräußerung, hier wird der Gebäudeteil sodann wie „Neuvermögen“ besteuert!

© Stingl Steuer- & Immobilienberatung

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