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11.11.2025

Grundanteil bei Vermietung – was die BFG-Judikatur klarstellt©

Info für Immobilien

Kann ein von der Grundanteilverordnung abweichender Grundanteil vor den Gerichten standhalten?

Seit der Steuerreform 2015/2016 legt das Einkommensteuergesetz den Grundanteil für Liegenschaften gem. § 16 Abs 1 Z 8 lit d EStG mit 40% pauschal fest. Die dazu ergangene Grundanteilverordnung 2016 regelt, wann es zu einer davon abweichenden Pauschale mit 20% oder 30% kommen kann.

Ein Abweichen von der pauschalen Aufteilung von Grund & Boden und Gebäude ist möglich, wenn der Steuerpflichtige den tatsächlichen Anteil nachweist oder die Verhältnisse offenkundig erheblich (±50%) vom Pauschalwert abweichen.

Doch wie kann ein Nachweis gelingen?

Die jüngsten Entscheidungen des BFG zeigen klare Grenzen. Nachstehend ein Versuch die Judikatur auf einen Nenner zu bringen.

Gemäß EStR Rz 6447 kann der Nachweis eines abweichenden Grundanteils auch mittels Berechnung nach der Grundstückswertverordnung (GrWV) erfolgen, sofern die Herleitung plausibel erscheint. Ein auf diese Weise ermittelter Anteil unter 20% des Gesamtkaufpreises gilt allerdings als nicht plausibel.

Das BFG (von 07.05.2025 RV/7100174/2019) hat die Berechnung des Grundanteils nach der GrWV nicht anerkannt, da diese

  • keine tatsächlichen Verkehrswerte darstellt,
  • auf bundesweiten Durchschnittsfaktoren beruht, und
  • die GrWV nur für die Bemessung der Grunderwerbsteuer, nicht jedoch für die AfA-Ermittlung erlassen wurde.

-> Die Pauschalwertmethode der GrWV ist daher kein geeigneter Nachweis iSd GrundanteilV – sie ersetzt kein Gutachten.

Den Nachweis eines abweichenden Grundanteils mittels Differenzmethode funktioniert lt. BFG von 24.10.2022 RV/7103699/2020, wenn

  • sich das Gutachten auf Vergleichsgrundstücke bezieht, die zeitlich und geografisch nachvollziehbar sind,
  • die Methode im Gutachten transparent erklärt wird, und
  • der Bauträger die Werte als plausibel bestätigt.

Im gegenständlichen Verfahren, bezog sich der Gutachter auf acht Vergleichsgrundstücke im Zeitraum des Ankaufs, ermittelte den durchschnittlichen Quadratmeterpreis für unbebaute Grundstücke und verglich diesen mit den tatsächlichen Kaufpreisen der Wohnung. Daraus ergab sich ein Grundanteil von 11,9–12%.

-> Das BFG hielt fest, die Differenzmethode könne – entgegen der Ansicht des Finanzamts – bei Neubauten in homogenen Großprojekten ein realitätsnahes Ergebnis liefern, wenn ausreichend Vergleichsdaten vorliegen. Die Sachwertmethode sei nicht zwingend vorrangig.

Schließlich wurde auch ein Marktvergleich ohne Gutachten vom BFG (von 11.06.2024 RV/5100286/2023) anerkannt:

Ein Marktvergleich anhand von

  • Kaufpreisen aus Immobilienportalen,
  • WKO-Preisspiegeln, und
  • öffentlich zugänglichen Daten für baureifes Land,

stellten für das BFG einen sauberen Marktvergleich dar und dokumentierte die offenkundig erhebliche Abweichung (mehr als 50%) von den pauschalen Werten ausreichend.

Tipp:
Wer den pauschalen Grundanteil senken will, braucht klare, nachvollziehbare Nachweise. Ein Gutachten mit Vergleichsdaten oder ein systematisch dokumentierter Marktvergleich führt zu steuerlicher Anerkennung – eine Berechnung auf Basis des Pauschalwertmodells der GrWV oder unklare Schätzungen dagegen nicht. Je transparenter und marktnäher die Berechnung, desto größer die Chance auf Anerkennung.
Ob die Finanzverwaltung dennoch an der Möglichkeit den Grundanteil auch mittels Grundstückswertverordnung nachzuweisen, festhält, wird vielleicht bereits die nächste Richtlinienwartung zeigen. Die Unklarheiten im Steuerrecht sind in den letzten Jahren  jedenfalls leider deutlich weitergewachsen. 

© Stingl Steuer- & Immobilienberatung

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