Finanzierungssplitting bei Eigentümergemeinschaften. ©
Das seit 1. Jänner 2022 eingeführte Finanzierungssplitting gemäß § 20 Abs. 4 WEG 2002 eröffnet Eigentümergemeinschaften die Möglichkeit, Darlehen für Sanierungsmaßnahmen flexibler zu gestalten. Durch die neue Möglichkeit des gesetzlich verankerten Sonderverteilungsschlüssels stellt sich die Frage, ob Zinsen und Spesen, die bei direkter Kostenübernahme durch einzelne Wohnungseigentümer anfallen, nunmehr umsatzsteuerfrei weiterverrechnet werden können, da kein Gemeinschaftsdarlehen mehr vorliegt.
Zur Klärung dieser Frage wurde durch die Kammer der Steuerberater:innen und Wirtschaftsprüfer:innen eine Anfrage an das Bundesministerium für Finanzen (BMF) gestellt.
Laut aktueller Antwort des BMF1 bleibt jedoch auch in solchen Fällen ein Gemeinschaftsdarlehen bestehen. Die Eigentümergemeinschaft ist weiterhin als Gesamtschuldnerin für das Darlehen anzusehen, selbst wenn einzelne Eigentümer ihre Beiträge direkt leisten. Dementsprechend unterliegen laut BMF auch die weiterverrechneten Zinsen und Spesen der Umsatzsteuerpflicht. Diese Sichtweise stützt sich auf die Judikatur des VwGH v. 10.2.2016, 2013/15/0120, wonach alle im Zusammenhang mit einer Sanierung entstehenden Kosten als Teil der einheitlichen Leistung der Eigentümergemeinschaft zu betrachten sind.
Kritische Würdigung
Unsere Kanzlei sieht die Rechtsauffassung des BMF kritisch. Die direkte Übernahme von Darlehenskosten durch einzelne Eigentümer könnte uE als individuelle Aufwendung betrachtet werden, die keine steuerbare Leistung der Eigentümergemeinschaft darstellt. Es gibt zahlreiche Beispiele, wo sich das Steuerrecht an den miet- und wohnrechtlichen Regelungen zu orientieren hat. Beispielsweise berechtigt eine Rechnung auch dann zum Vorsteuerabzug, wenn diese an den Bevollmächtigten (Hausverwalter) und nicht an den Leistungsempfänger (Vermieter) adressiert wird2. Ebenso gelten – abweichend vom allgemeinen Grundsatz, dass nach der Leistungserbringung keine „Anzahlung“ mehr möglich ist – Mietvorschreibungen als „Dauerrechnung“ und berechtigen nach Zahlung zum Vorsteuerabzug3.
Die pauschale Einbeziehung dieser Kosten in die Umsatzsteuer-Bemessungsgrundlage erhöht die finanziellen Belastungen für Sanierungsmaßnahmen erheblich – ein Hindernis, das gerade in Zeiten der Energiewende kontraproduktiv wirkt!
Unseres Erachtens stellt die umsatzsteuerliche Belastung von Zinsen und Spesen trotz des nunmehr gesetzlich normierten Sonderverteilungsschlüssels im Widerspruch zur Intention des Wohnungseigentumsgesetzes.
Eine klare gesetzliche Regelung wäre wünschenswert, um Eigentümergemeinschaften und deren Verwaltern Rechtssicherheit zu bieten!
© Stingl Steuer- & Immobilienberatung
- Zinsen und Spesen für Gemeinschaftsdarlehen von Eigentümergemeinschaften ↩︎
- Vgl. Rz 1507 UStR ↩︎
- Vgl. Rz 1524a UStR ↩︎